
Haarbild, 19. Jahrhundert. Foto: Museum Nienburg
Gerahmte Erinnerungen
Objekt des Monats Dezember im Museum Nienburg besteht aus Haar
Das Objekt des Monats Dezember im Museum Nienburg ist ein Kunstwerk der besonderen Art: Aus filigranen Blüten, Blättern und Ranken wurde ein außergewöhnlicher Blumenstrauß arrangiert – auffällig ist vor allem das Material, denn der Strauß besteht aus menschlichem Haar.
Um die floralen Einzelteile in Form zu bringen, diente als Grundlage ein Drahtgestell. Die Haare wurden anschließend kunstvoll in Schlingen zu größeren und kleinen Blüten und Blättern modelliert. Um das Haar zu fixieren, wurde es außerdem verklebt, abschließend gekocht und an der Luft getrocknet. In einigen Blüten wurden Drahtenden mit einer schwarzen und weißen Masse umschlossen – so wurden die Staubblätter innerhalb des Blütenkelchs imitiert. Das Haarbild aus dem Bestand des Museums wurde mit einer Schleife sowie mit einer kleinen blauen Borte eingefasst. Das Bild umschließt ein Rahmen aus aufwendig verziertem Messingblech. Um das Bild vor Verschmutzung zu schützen, wurde zu einem späteren Zeitpunkt eine Verglasung hinzugefügt.
Haarbilder wurden zu freudigen oder traurigen Anlässen wie Geburten, Taufen, Hochzeiten, Jubiläen oder Todesfällen erstellt. Immer sollte an den geliebten Menschen erinnert werden. Was heute betrachtet eher befremdlich oder seltsam wirkt, war vor allem im 19. Jahrhundert eine übliche Art des Gedenkens. Man nahm an, dass ein Teil der Persönlichkeit eines Menschen in dessen Haaren zurückblieb. In vielen Wohnzimmern war ein Haarbild daher ein beliebter und sogar modischer Wandschmuck. Wem oder welchem Anlass dieses Bild gedenkt, ist dem Museum leider nicht bekannt.
In der Literatur des frühen 19. Jahrhunderts ist überliefert, dass die unterschiedlichen Blumenarrangements verschlüsselte Botschaften enthielten, jede Blumensorte hatte eine eigene Aussage. Jedoch sind die nachgebildeten Blumen nicht eindeutig zu identifizieren, sodass die Botschaft verloren ging. Haarbilder wirden durch die aufkommende Technik der Fotografie zum Festhalten von Erinnerungen mit dem Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr abgelöst.