Titandioxid in Kinderzahnpasta: Was Eltern jetzt wissen sollten
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Genau hinschauen: Wer Zahnpasta ohne Titandioxid auf der Zahnbürste haben will, sollte vor dem Kauf auf die Inhaltsstoffe auf der Tube achten.
© Quelle: Patrick Seeger/dpa
Hannover. Die Nachricht, dass Kinderzahnpasta Titandioxid enthalten kann, sorgt bei vielen Eltern aktuell für Verunsicherung. Der Farbstoff steht im Verdacht, krebserregend zu sein und das Erbgut schädigen zu können. In Lebensmitteln ist er bereits seit August 2022 verboten – in Medikamenten und Kosmetika wird er aber weiter verwendet. Nun machte in der vergangenen Woche „Öko-Test“ (Ausgabe 2/2023) erneut auf den bedenklichen Inhaltsstoff aufmerksam.
Der Verbraucherzeitschrift zufolge, wurde in fünf von 24 getesteten Kinderzahncremes Titandioxid gefunden. In Kosmetika wird der Farbstoff, der für das glänzende Weiß der Pasten zuständig ist, auch unter der Nummer CI 77891 geführt. Nur insgesamt vier der getesteten Pasten wurden als „sehr gut“ und frei von bedenklichen Inhaltsstoffen befunden.
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Doch was ist Titandioxid eigentlich? Und worauf sollten Eltern beim Kauf achten, damit nur unbedenkliche Zahnpasta im Kindermund landet. Wir erklären Ihnen, was Sie jetzt zum Thema wissen sollten.
Was ist Titandioxid, und wo wird es eingesetzt?
Titandioxid ist ein Farbstoff, der einen weißen Glanz verleiht. Er wird von der Industrie in Zahnpasta, aber auch Sonnenmilch oder Lippenstiften verwendet. Auch Arzneimitteln wird der Stoff zugesetzt. In der Liste der Inhaltsstoffe der Produkte ist das Mittel leicht auszumachen, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, worauf sie achten müssen. Aufgeführt wird das Titandioxid dort laut der Verbraucherzentrale Hamburg unter dem Namen „Titanium Dioxide“ oder „Pigment White 6″ – ebenfalls gebräuchlich ist die Nummer CI 77891.
Bis August 2022 war Titandioxid ein durchaus gebräuchlicher Farbstoff, der auch in Lebensmitteln eingesetzt wurde. Damals war er als Farbstoff E 171 bekannt und in hoch verarbeiteten Produkten wie Backdekor, Kaugummi, Dragees, Süßigkeiten und Saucen zu finden. Titandioxid kam immer dann zum Einsatz, wenn eine Farbe oder ein Weißton deckend und kräftig ausfallen sollten.
Vor dem Verbot in Lebensmitteln landete allerdings nur ein Bruchteil des industriellen Titandioxids in unserem Essen. Laut des Bundeszentrums für Risikobewertung wurden 90 Prozent des Stoffes für die Herstellung von Lacken, Farben und Kunststoffen verwendet.
Warum ist Titandioxid gesundheitlich bedenklich?
Titandioxid steht im Verdacht, mit seinen winzigen Partikeln in die Zellen des menschlichen Organismus einzudringen und dort die DNA zu beschädigen – das wiederum kann zu Krebserkrankungen führen. Die Aufnahme kann beispielsweise durch Einatmen, aber auch durch Hinunterschlucken erfolgen.
„Nach oraler Aufnahme ist die Resorption von Titandioxidpartikeln zwar gering, sie können sich jedoch im Körper ansammeln“, schrieb etwa Maged Younes, Vorsitzende des Sachverständigengremiums der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), im Mai 2021 in einer Stellungnahme. Das Expertengremium konnte damals in seinem Gutachten nicht ausschließen, dass Titandioxid auf den Menschen toxisch wirken könnte und somit auch keine sichere Menge für die tägliche Aufnahme festlegen. Das Resultat: In Lebensmitteln wurde der Farbstoff E 171 EU-weit verboten.
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Warum ist CI 77891 nur in Lebensmitteln verboten?
Tatsächlich: In Medikamenten wird der Stoff weiter verwendet. Der Hintergrund: Experten der European Medicines Agency (EMA) befürchteten mögliche Arzneimittel-Engpässe, sollte der weiße Farbstoff nicht mehr verwendet werden dürfen. Gleichzeitig unterstrich die EMA jedoch, dass Alternativen für den Stoff erforscht werden müssten. Einzige Ausnahme sind unterdessen Sprays – hier ist der Einsatz von Titandioxid nicht mehr erlaubt. Tierversuche hatten Hinweise geliefert, dass der Stoff beim Einatmen Entzündungen und Tumore in der Lunge begünstigen könnte.
Beim Einsatz von Kosmetika steht Titandioxid unterdessen weiterhin auf der Liste der zugelassenen Inhaltsstoffe. In den Produkten wird es laut des Bundeszentrums für Risikobewertung (BfR) als Farbstoff, aber auch als UV‑Filter – beispielsweise in Sonnencreme – genutzt. Hier gilt der Stoff laut BfR derzeit als unbedenklich, weil er nicht über die Haut aufgenommen werden könne.
Warum ist Titandioxid in Zahnpasta bedenklich?
Auch wenn Titandioxid nicht über die Haut aufgenommen werden kann und daher in Produkten wie Sonnencreme Verwendung findet, lässt sich nach Ansicht der Verbraucherzentrale Hamburg diese gesundheitliche Unbedenklichkeit nicht ohne Weiteres auf Zahnpasta übertragen. „Die Schleimhäute im Mund sind anders aufgebaut als die Haut am restlichen Körper. Besonders bei Kinderzahnpasta, die oft auch heruntergeschluckt wird, sehen wir den Einsatz von Titandioxid daher ebenso kritisch wie bei Lebensmitteln“, argumentieren die Verbraucherschützer.
BfR bleibt zurückhaltend
Das Bundeszentrum für Risikobewertung bleibt jedoch zurückhaltend: „Es gibt aktuell keine Hinweise, dass bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben der Einsatz von Titandioxid in kosmetischen Mitteln für Verbraucherinnen und Verbraucher gesundheitsschädlich ist.“ Es sei unklar, ob die Eigenschaften der Lebensmittelfarbe E 171 auf das Titandioxidpigment CI 77891 in Kosmetika übertragbar seien. Das BfR empfahl daraufhin den europäischen Behörden eine erneute Prüfung in dieser Produktkategorie.
Auf was sollten Eltern beim Zahnpasta-Kauf achten?
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte vor dem Kauf die Inhaltsstoffe der Zahnpasta genau studieren. Das Produkt enthält Titandioxid, wenn auf der Verpackung die Begriffe „Titanium Dioxide“, „Pigment White 6″ oder die Nummer CI 77891 aufgeführt sind – das gilt natürlich auch für andere Kosmetikprodukte wie beispielsweise Lippenstifte. Wer Lebensmittel überprüfen will, sollte auf den Zusatzstoff E 171 achten.
Welche Kinderzahnpasta-Sorten waren im Test unbedenklich?
„Öko-Text“ bewertete vier Zahncremes für Kinder mit „sehr gut“. Zwei davon stammen von der Supermarktkette Kaufland. Es handelte sich um das „Bevola Naturals Kids Zahngel Erdbeer-Himbeer-Geschmack“ und das „Bevola Kids Zahngel mit Erdbeergeschmack“. Ebenfalls Testsieger sind „Putzi Zahncreme für Kinder“ von Dental-Kosmetik und das „Tabaluga Zahngel für Kinder mit Erdbeergeschmack“ von Edeka. Die Produkte enthielten ausreichenden Fluorid und waren frei von bedenklichen Inhaltsstoffen, heißt es in dem Test.