Gesetzgebung

Aus für Klimaanlagen und Wärmepumpen? Das sagt der Experte Jan Grand aus Nienburg

Vielen Wärmepumpen und Kälteanlagen droht das Aus.

Vielen Wärmepumpen und Kälteanlagen droht das Aus.

Nienburg. Wer im Betrieb oder Zuhause eine Kälte-, Klima oder Wärmepumpenanlage im Einsatz hat, sollte aufhorchen. Zwei europäische Verordnungen wollen den Einsatz fluorierter Kältemittel einschränken oder gar verbieten. Das bedroht tausende Anlagen. Jan Grand ist als Meister für Kälteanlagenbau bei G&W Kälte- und Klimatechnik in Nienburg tätig. Im Interview beantwortet der Experte die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

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Herr Grand, den Betreibern von Klima- und kältetechnischen Anlagen stehen möglicherweise gravierende Einschnitte bevor – warum und weswegen?

Die Verwendung und Emissionen von fluorierten Kältemitteln, also F-Gasen wurden im Rahmen der F-Gas-Verordnung geregelt, die darauf abzielt, die F-Gas-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2014 um zwei Drittel zu senken. Das hat bis vor kurzem bedeutet, dass wir die Menge an Kältemitteln von 2016 als 100 Prozent am Markt angenommen haben. Bis 2023 sollten diese Mengen auf 20 Prozent reduziert werden. So wie es beschlossen war, wäre es für die Betreiber und uns Fachbetriebe kein Problem gewesen, vorhandene Anlagen zu erneuern oder zu sanieren. Durch die neuen Vorschriften werden die Mengen nun noch einmal drastisch reduziert, sodass bis 2030 nur noch fünf Prozent der Mengen von 2016 zur Verfügung stehen.

Ab wann soll welches Verbot genau greifen?

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Es gibt unterschiedliche Zeiten für die einzelnen Verbote: Ein Verbot von neuen stationären Kälteanlagen mit F-Gasen soll es ab 2025 geben. Ein Verbot von Monoblock- und anderen in sich geschlossenen Klimaanlagen und Wärmepumpengeräten mit F-Gasen ab 2026. Stationäre Split-Klimaanlagen und -Wärmepumpen mit Füllmengen von weniger als drei kg F-Gase sollen ab 2027 verboten werden. Ein weiteres Verbot folgt 2028: von Split-Klimaanlagen und Wärmepumpen mit F-Gasen mit Nennleistung unter 12 kW. Eine Beschränkung von Split-Anlagen mit einer Nennleistung zwischen 12 kW und 200 kW auf Kältemittel mit einem GWP unter 750 soll es in demselben Jahr geben, ein Verbot von F-Gasen in Split-Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW ebenfalls ab 2028.

Zudem sind geplant ein Verwendungsverbot von F-Gasen mit einem GWP 150 für Wartung und Service an stationären Kälteanlagen (mit Ausnahme von Chillern) ab 2024, ein Verwendungsverbot von F-Gasen mit einem GWP 2500 für Wartung und Service an Klimaanlagen, Wärmepumpen und Chillern ab 2024. Zudem sollen aufgearbeitete oder recycelte F-Gase mit einem GWP 2500 für Servicezwecke bis nur noch bis Ende 2029 verwendet werden.

Jan Grand ist Meister für Kälteanlagenbau.

Jan Grand ist Meister für Kälteanlagenbau.

Es sollen also keine F-Gase mehr eingesetzt werden. Was verbirgt sich dahinter und was hat die EU mit ihrer Novelle genau geplant und was will sie damit erreichen?

Klimaschutz ist das große Thema, um das sich dieses Verbot dreht. In der Diskussion und in aller Munde ist das 1,5°Grad-Celsius-Ziel welches die EU damit versucht, einzuhalten. Wir als Betrieb sowie unsere Innung haben Statistiken geführt, dass die Anlagen, die wir betreuen, kaum oder gar nicht Treibhausgase imitieren. Lediglich 1,3 Prozent der Anlagen weisen Leckagen auf, die Kältemittel in die Atmosphäre entlassen. Leider wird hier außer Acht gelassen, dass wir einen der kleinsten Bereiche bei der Emission vertreten.

Unternehmer oder Privatleute: Wen betrifft die geplante Novelle alles und in welcher Form?

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Es betrifft uns leider alle: sei es das Lieblingslokal, die Krankenhäuser, die gesamte Industrie. Neubauten, die mit Wärmepumpen ausgestattet wurden, müssten ihre vermeintlich einzige Alternative im Kampf gegen den Klimawandel ersetzten. Zu dieser Zeit wusste noch niemand, dass Kältemittel wie R410A oder R407C, die häufig in Wärmepumpen eingesetzt wurden, von heute auf morgen verboten werden würden. Es ist ein wirtschaftlicher Schaden, der in die Milliarden gehen wird!

Könnten im schlimmsten Fall Klimaanlagen in Gebäuden stillgelegt werden, wenn die Besitzer nichts tun? Und wenn das droht - was können Besitzer solcher Anlagen tun, damit diese nicht stillgelegt werden und länger laufen können?

Die Anlagen werden von keiner öffentlichen Stelle stillgelegt. Aber wenn kein Kältemittel zur Verfügung steht, werden die Anlagen nicht weiter betrieben. Das Zauberwort heißt Dichtheitsprüfung. Betreiber sollten verstärkt darauf achten, dass ihre Anlagen nun auf Dichtheit von Fachbetrieben überprüft werden. Uns stehen ab nächstem Jahr nur noch recycelte Kältemittel zur Verfügung. Dazu müssen diese aber in die Wiederaufwertung gegeben werden. Diese werden dann gereinigt und dem Markt wieder zur Verfügung gestellt. Die Verfügbarkeit wird sehr gering sein, der Preis leider sehr hoch. Wo heute das Kältemittel im Durchschnitt 100 Euro pro Kilogramm kostet, werden diese in den nächsten Jahren wahrscheinlich 250 bis 500 Euro pro Kilogramm kosten.

Welche wirtschaftlichen und technischen Probleme kommen auf die Kältebranche zu? Sind Arbeitsplätze bedroht und wenn ja wie viele landkreis- oder bundesweit?

Für die Betreiber, die F-Gas-Anlagen betreiben, sollten Rückstellungen gebildet werden für den Austausch der Anlagen. Falls diese für die Produktion ihrer Ware benötigt werden. Oder auch Inhaber technischer Anlagen wie in Krankenhäusern oder in der Industrie sollten hier schon einmal sich Gedanken machen, was passiert, wenn auf einmal die so wichtige Maschine nicht mehr läuft!

Wir sehen in Nienburg optimistisch in die Zukunft und haben hier schon Strategien für neue Anlagen sowie Sanierungen bestehender Anlagen vorbereitet. Arbeitsplätze werden wir und unsere Innung wohl kaum streichen müssen. Alleine für die von Herrn Habeck geplanten 500.000 Wärmepumpen pro Jahr benötigen wir 30.000 neue Fachhandwerker, die sich um diese Anlagen kümmern müssen.

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