Reporterlegende Woodward widerspricht Kollegen

„Die Geschichte stimmt nicht“: das Leck in der Nord-Stream-Story

New York. Die zwei Männer sind amerikanische Reporterlegenden. Der eine hat das Massaker von My Lai im Vietnam-Krieg aufgedeckt, der andere den Watergate-Skandal. Beide wurden mit Preisen überhäuft und haben zahlreiche Bücher geschrieben. „Er ist ein großartiger Reporter“, sagt Watergate-Aufdecker Bob Woodward über Seymour Hersh. Am Montagabend aber versenkte er den jüngsten vermeintlichen Scoop seines Kollegen: „Die Geschichte über Nord Stream stimmt nicht.“

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Unter der Überschrift „Wie Amerika die Nord-Stream-Pipeline ausschaltete“ hatte Hersh in der vergangenen Woche auf seinem Blog behauptet, für die Explosionen, die im vorigen September nahe der Ostseeinsel Bornholm mehrere Lecks in die Nord-Stream-Pipelines 1 und 2 rissen, seien US-Marinetaucher verantwortlich. Belege für die angebliche amerikanische Geheimoperation legte er nicht vor. Die Geschichte berief sich auf eine einzige anonyme Quelle. Trotzdem sorgte sie politisch für Wirbel: Der Kreml griff sie sofort auf, und die AfD forderte einen Untersuchungsausschuss.

Kollegen seit Nixons Zeiten

Am Montagabend nun saß Bob Woodward als Ehrengast beim jährlichen Arthur-F.-Burns-Dinner in New York auf der Bühne. Eigentlich wollte der 79-Jährige vor deutschen und amerikanischen Journalisten über ihren Beruf und seine schlagzeilenträchtigen Interviews mit Ex-Präsident Donald Trump sprechen. Doch die erste Frage bezog sich aus aktuellem Anlass gleich auf Hersh. Immerhin kennen sich „Bob“ und „Sy“, seit beide Anfang der 1970er-Jahre die Machenschaften des damaligen Präsidenten Richard Nixon durchleuchteten – der eine für die „Washington Post“, der andere für die „New York Times“.

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Entsprechend wand sich Woodward zunächst ein bisschen und versuchte, einer direkten Antwort durch eine Gegenfrage zu entgehen: „Glauben Sie die Geschichte?“ Dann betonte er, dass Hersh ein „wunderbarer Mensch“ sei. Doch schließlich versenkte er dessen Geschichte. „Eine Menge Leute haben ihn gebeten, die Story nicht zu veröffentlichen, weil sie einfach nicht wahr ist“, berichtete Woodward. Doch leider habe der 85-Jährige nicht auf den Rat seiner Freunde gehört.

Tatsächlich scheint die vermeintlich spektakuläre Enthüllung den Geruchstest in verschiedenen Redaktionen nicht bestanden zu haben. Darauf deutet hin, dass keine renommierte Zeitung die Story druckte, sondern Hersh sie über seinen Blog verbreiten musste. Auch ist die steile These in den USA von keinem bedeutenden Medium aufgegriffen oder weitergedreht worden. Vielfach wurde bemängelt, dass sie lediglich auf einer einzigen anonymen Quelle fußt. Das Weiße Haus hat sie hart dementiert.

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„Er möchte der Kreuzritter sein“

Warum ein einstiger Starinvestigativreporter wie Hersh sich auf so ein dünnes Eis begibt und damit seinen Ruf aufs Spiel setzt? Bei einem kurzen Gespräch nach seinem Auftritt dachte Woodward nur kurz über die Antwort nach: „Er möchte immer noch der Kreuzritter sein“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Ganz fremd ist ihm dieser Impuls wohl selbst nicht: „Mein erster Gedanke morgens nach dem Aufwachen ist: Was versuchen die Dreckskerle zu verbergen?“, berichtete er auf dem Podium. Nur stimmen sollte die Enthüllung dann halt.

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