Hitzige Debatte der Ampelkoalition

Er suche nur „Sündenböcke“: FDP kritisiert Habeck nach Äußerung zu Klimapolitik

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai spricht beim Landesparteitag in Schleswig-Holstein.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai spricht beim Landesparteitag in Schleswig-Holstein.

Berlin. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat Wirtschaftsminister Robert Habeck wegen skeptischer Äußerungen zur Klimapolitik der Ampelkoalition energisch widersprochen. Mehrere Grünen-Politiker sprangen Habeck hingegen bei, der unter anderem erklärt hatte, die im Koalitionsausschuss vereinbarten Maßnahmen im Verkehrsbereich reichten nicht aus. SPD-Chef Lars Klingbeil mahnte, die Menschen müssten beim Klimaschutz mitgenommen werden. Er warnte davor, dass Klimaschutz nur für Eliten machbar sei sowie vor einem Stadt-Land-Konflikt in dieser Frage.

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Äußerungen Habecks

Im Koalitionsausschuss hatten sich SPD, Grüne und FDP auf ein 16-seitiges Papier verständigt, das unter anderem den beschleunigten Ausbau der Autobahnen an 144 Stellen, Milliardeninvestitionen in das Schienennetz und eine Lockerung der Klimaschutzregeln vorsieht. Habeck konstatierte im Interview von „Zeit Online“ (Donnerstag): „Ein Ergebnis des Koalitionsausschusses ist, dass in dieser Regierung im Verkehrsbereich nicht mehr möglich sein wird.“ Der Grünen-Politiker fügte hinzu: „Und ich gebe kein Geheimnis preis, wenn ich sage, dass die dort verabredeten Maßnahmen in keinem Fall dazu führen, dass Deutschland seine Klimaziele im Verkehrsbereich einhalten kann. Die verabredeten Maßnahmen reichen in der Summe nicht, um die Lücke zu füllen.“ Das werde auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) so sehen.

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Der FDP-Generalsekretär konterte Habecks Äußerungen. „Im Gegenteil: Die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses zur Klimaschutzpolitik sind ein Paradigmenwechsel für Deutschland: Das Klimaschutzgesetz wird aus der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft überführt“, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur. Statt unrealistischer Jahresziele einzelner Sektoren zähle künftig das sektorübergreifende Ziel der Klimaneutralität ab dem Jahr 2045.

„Der Klimaminister Habeck sollte aufhören, Sündenböcke zu suchen. Bei aller persönlichen Wertschätzung, so sollte sich eine Führungspersönlichkeit nicht verhalten.“

Djir-Sarai

„Dieses Ziel kann – auch im Verkehrssektor – nur erreicht werden, wenn die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg dorthin mitgenommen werden. Klimaschutz kann nur mit den Menschen gelingen, nicht gegen sie“, sagte Djir-Sarai. „Das sollte auch Herr Habeck endlich verstehen. Alles andere führt zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft.“ Und: „Der Klimaminister Habeck sollte aufhören, Sündenböcke zu suchen. Bei aller persönlichen Wertschätzung, so sollte sich eine Führungspersönlichkeit nicht verhalten.“

Grünen-Chefin Ricarda Lang wiederum nahm ihren Parteifreund Habeck in Schutz. Mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses „halten wir die Klimaziele im Verkehr nicht ein“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). „Da bleibt eine Lücke, für die es Lösungen braucht“, fügte sie hinzu.

22.03.2023, Thüringen, Weimar: Britta Haßelmann, Bundestags-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, gibt während der Klausur der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Statement. Themen der dreitaägigen Klausur in Weimar sind unter anderem der Klimaschutz und der gesellschaftliche Wandel und Zusammenhalt. Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Britta Haßelmann: „Insgesamt war der Koalitionsausschuss kein Glanzstück“

Ihr reichen die Ambitionen der Koalition insgesamt beim Klimaschutz nicht aus. „Wir sind eine Regierung, die beim Klimaschutz vorangeht – aber nicht immer so schnell, wie ich mir das wünschen würde. Da brauchen wir insgesamt noch mehr Tempo“, sagte die Parteichefin. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag): „Trotz der sich verschärfenden Klimakrise gibt es ganz offenbar nur einen Koalitionspartner, der beim Klimaschutz mehr will.“

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Lang hält es zudem für „sehr wahrscheinlich“, dass nicht alle dieser 144 Autobahnprojekte am Ende beschleunigt gebaut werden. Die Planung werde „nur dann beschleunigt, wenn die zuständigen Länder sagen: Wir wollen das“, fügte sie hinzu. Die Grünen sind derzeit an zwölf Landesregierungen beteiligt. Es sei sinnvoll, einzelne Projekte vor Ort mit Blick auf Stau, Unfallgefahren, Umweltschutzgründen oder Lärmschutz anzuschauen, sagte Lang. Zugleich sprach sie sich erneut für ein Tempolimit auf Autobahnen zum Klimaschutz aus, eine Maßnahme, die die FDP ablehnt.

Verärgert über die Beschlüsse des Koalitionsausschusses hatten sich auch Umweltverbände gezeigt. Auch bei den Wählern der Grünen kamen sie offenbar nicht gut an. In dem am Freitag veröffentlichten ZDF-Polit­baro­meter sank der Wert für die Partei um zwei Punkte auf 17 Prozent. Im Gegenzug legte die FDP in der von Dienstag bis Donnerstag erhobenen Umfrage um zwei Punkte auf 7 Prozent zu.

Der SPD-Vorsitzende Klingbeil warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft durch Maßnahmen zum Klimaschutz. „Der Klimaschutz darf kein Elitenprojekt für Leute mit Geld sein“, sagte Klingbeil den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstag). Deshalb gehöre zu einem ambitionierten Klimaschutz eben auch soziale Ausgewogenheit. „Auch müssen die Menschen in den Metropolen aufpassen, über die im ländlichen Raum die Nase zu rümpfen, wenn sie aufs Auto setzen“, betonte der SPD-Chef. Da wo er selbst herkomme, gebe es zum Auto keine Alternative. „Und das ist die Realität für sehr viele Menschen in Deutschland. Wir als SPD lassen nicht zu, dass Stadt gegen Land ausgespielt wird.“

RND/dpa

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