Scholz, Lindner, Habeck: Warum die halbe Bundesregierung nach Japan reist
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Bundeskanzler Scholz auf dem Weg in die Regierungsmaschine.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Berlin. Während sich die Republik einem überwiegend arbeitsfreien Wochenende zuwendet, kann von einem freien Wochenende für Kanzler Olaf Scholz (SPD) und sechs Mitglieder seines Kabinetts keine Rede sein. Er ist mit Vizekanzler Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner, Außenministerin Annalena Baerbock, Innenministerin Nancy Faeser, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Verkehrsminister Volker Wissing in die japanische Hauptstadt Tokio gereist. Dort finden bis Sonntag die ersten deutsch-japanischen Regierungskonsultationen statt.
Solche Konsultationen seien in der Regel „engen und strategisch wichtigen Partnern“ vorbehalten, verlautet aus Regierungskreisen. Allerdings fragt man sich nun, warum Japan nicht eigentlich schon eher dazu gezählt wurde. Darum jetzt also die Reise.
Neue Weltordnung
Der Kanzler war bereits im April vorigen Jahres in Japan. Im Mai wird er wieder hinfliegen – zum G7-Gipfel der wichtigsten westlichen Industrienationen. Dass Scholz derzeit sechs seiner Ministerinnen und Minister mitgenommen hat, hat mit dem speziellen deutsch-japanischen Verhältnis zu tun – und damit, dass sich die Welt seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sehr verändert hat.
Grundsätzlich ist Japan für Deutschland wichtig, weil es unter den Handelspartnern in Asien hinter China auf Platz zwei liegt. Das Handelsvolumen betrug zuletzt 45,7 Milliarden Euro – pro Jahr. Das halten sie in der Regierung nicht zuletzt deshalb für bemerkenswert, weil beide Länder eine ähnlich hoch entwickelte Industrie und wenige eigene Rohstoffe haben.
Auf einem Globus, in dem mittlerweile 70 Prozent der Menschen in autoritär regierten Staaten leben, fällt seit Beginn des Krieges in der Ukraine überdies mehr denn je auf, dass Japan zu den verlässlichen Verbündeten zählt. So hat es alle Sanktionen gegen Russland mitgetragen und mit China selbst einen zunehmend aggressiven Staat in der Nachbarschaft. Japan stehe wie Deutschland für eine regelbasierte internationale Ordnung, sagen ranghohe Beamte in Berlin. Dafür sei man dankbar.
Das Thema der Regierungskonsultationen lautet: wirtschaftliche Sicherheit. Da geht es um Rohstoffsicherheit wie um Diversifizierung und damit die Vermeidung ökonomischer Abhängigkeiten. So hat Japan längst eine Infrastruktur zum Import von Flüssiggas, die in Deutschland gerade erst aufgebaut werden muss. Das und mehr wollen sich die Gäste mal genauer angucken. Eine hochrangig besetzte Wirtschaftsdelegation reist gesondert nach Tokio.
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Bei den deutsch-japanischen Regierungskonsultationen ging es unter anderem um Wirtschafts- und Sicherheitspolitik.
© Quelle: Reuters
Gemeinsame Militärübungen
In der Bundesregierung machen sie zugleich keinen Hehl daraus, dass militärische Fragen nicht minder interessant sind. Im vorigen Jahr habe es gemeinsame militärische Übungen gegeben, heißt es. „Das waren keine Eintagsfliegen, wir werden auch weiterhin im Indopazifik Flagge zeigen.“ Bei der Rüstungstechnik hätten die Japaner ebenfalls viel zu bieten.
Zunächst treffen sich Kanzler und Minister getrennt mit ihren Pendants auf japanischer Seite. Dem schließt sich ein 90-minütiges Treffen in großer Runde an. Dabei sollen keine Sprechzettel verlesen werden. Die Teilnehmenden sollen wirklich miteinander reden.