Fed bremst die Zinserhöhungen

Die Folgen der Bankenturbulenzen: wenn Zentralbanken an Grenzen stoßen

Der Chef der US-Zentralbank Fed: Jerome Powell.

Der Chef der US-Zentralbank Fed: Jerome Powell.

Fed-Chef Jerome Powell muss dieser Tage wohl gelenkiger sein, als dem 70-Jährigen lieb ist: Die auch in den USA hohe Inflation schreit nach höheren Leitzinsen – doch nach der jüngsten Zinsrallye bekommen die einigen Banken immer schlechter. Am Mittwoch hat sich Powell am Spagat versucht und eine vergleichsweise moderate Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf 5 Prozent angekündigt.

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An den Finanzmärkten wurde die Fed-Entscheidung insgesamt verhalten aufgenommen, der Deutsche Aktienindex demonstrierte am Donnerstag ebenso wie andere Indizes weder auffällige Zeichen von Schwäche noch von Stärke. „Mit dem zu erwartenden Zinsschritt von 25 Basispunkten zeigt die Fed ein gewisses Maß an Gelassenheit gegenüber den Finanzmarkturbulenzen“, meint Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.

Die Turbulenzen hatten zuvor Spekulationen genährt, es könnte mit den Zinserhöhungen in den USA womöglich vorbei sein. Neunmal hatte die Fed den Leitzins zuletzt um jeweils 50 Basispunkte, also 0,5 Prozent, hochgeschraubt. In der vorigen Niedrigzinsphase gekaufte Anleihen sind deshalb gegenwärtig vergleichsweise wenig wert, was unter anderem der Silicon Valley Bank auf die Füße fiel: Sie brauchte jüngst viel Liquidität, musste Anleihen deshalb trotz Wertverlusten weiterverkaufen und ging schlussendlich pleite.

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Märkte sehen Anzeichen für lockere Geldpolitik

Weil mehrere kleine US-Banken daraufhin ebenfalls wankten, erwarteten viele Marktteilnehmer, dass die Fed auf die Bremse tritt. Die Erhöhung um 25 Basispunkte hatten die meisten denn auch schon vor der Bekanntgabe eingepreist. Zwar habe Powell angekündigt, bei anhaltender Teuerung weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Märkte würden aber trotzdem Zeichen für eine wieder lockerer werdende Fed-Linie sehen, meint Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie und Privatkunden bei der DZ Bank.

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Auch Moritz Schularick glaubt, dass die Zentralbanken angesichts der Bankenturbulenzen vorsichtiger werden könnten: Dem Finanzmarktexperten und designierten Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zufolge sind bei den jüngsten Bankenturbulenzen Risse im Finanzsystem sichtbar geworden. „Jetzt gibt es gute Gründe für Zentralbanken, die Auswirkungen der Instabilität einzuordnen“, sagte Schularick dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), und meint: „Langsamere Zinsschritte sind wahrscheinlicher geworden.“

Schularick sieht begrenzten Spielraum für Zentralbanken

Ein gutes Zeichen ist das indes nicht zwangsweise. Schließlich müssen Zentralbanken dies- wie jenseits des Atlantiks die Teuerung in den Griff bekommen, wofür sie üblicherweise auf höhere Zinsen setzen. Der Spielraum könnte aber durch Zinsrisiken, die nach der langen Niedrigzinsphase im Finanzsystem schlummern, begrenzt sein, befürchtete Schularick schon im Oktober. „Wir sind dieser Zinsobergrenze sehr viel näher gekommen“, sagte er nun.

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Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich die EZB verhält: Vergangene Woche hatten die hiesigen Währungshüter die Zinsen unverdrossen um 50 Basispunkte erhöht. in der Euro-Zone ist die Inflation weit höher als in den USA – während es aus Sicht der EZB keine Anzeichen dafür gibt, dass hiesige Banken so gefährdet wie die kleineren US-Geldinstitute sind.

Zugleich steht aber spätestens seit dem Beinahekollaps der Credit Suisse fest, dass sowohl Zentralbanken als auch Regierungen strauchelnden Banken unter die Arme greifen oder zumindest Einlagen retten – schon um der Psychologie der Marktteilnehmer willen. Dass die immer noch reichlich nervös sind, zeigen die Auswirkungen eines Statements von US-Finanzministerin Janet Yellen: Die hatte am Mittwoch verkündet, nicht alle Bankeinlagen in den USA absichern zu wollen – und so die Euphorie über den verlangsamten Zinsschritt deutlich gebremst, wie Hettler betont.


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