Kommentar

Deutsche Bahn: Der Wettstreit der Gewerkschaften ist eröffnet

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), beantwortet zu Tarifforderungen für die Verhandlungsrunden 2023 Fragen von Journalisten.

Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), beantwortet zu Tarifforderungen für die Verhandlungsrunden 2023 Fragen von Journalisten.

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Frankfurt am Main. Eins hat „der große Tag“ der Lokführergewerkschaft auf jeden Fall gezeigt: Die GDL muss sich nach der Decke strecken. Das zeigte schon allein die Inszenierung der Forderungen am Montag in Berlin. Die Show lehnte sich an die Aufführungen von US‑Präsidenten an, mit GDL-Mitgliedern, die fleißig Fahnen schwenken und GDL-Chef Claus Weselsky mit stehenden Ovationen feierten. So soll moderne Gewerkschaftsarbeit aussehen, die sich von den Darbietungen der DGB-Organisationen unterscheiden will. Die GDL spürt ganz offensichtlich die Konkurrenz der DGB-Eisenbahnergewerkschaft EVG, die von Weselsky gerne als brave „Hausgewerkschaft“ der Deutschen Bahn kategorisiert wird.

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Auch inhaltlich versucht die GDL, sich deutlich abzugrenzen. Die Entgeltforderungen sind zwar auch nicht unerheblich (555 Euro mehr für alle), aber am großen Tag ging es besonders um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. 35 statt 38 Stunden pro Woche sowie längere Ruhezeiten, und zwar spätestens nach fünf Tagen. Hier zielt die GDL auf ihre Kernmitgliederschaft, von denen viele im Schichtdienst arbeiten. Das wirkt so, als wolle Weselsky zuallererst Überläufer zur EVG verhindern. Interessanterweise mit Forderungen, die derzeit im DGB-Lager – Stichwort Vier-Tage-Woche – große Popularität haben. Das ist natürlich kein Zufall.

Hier vermutet Weselsky die Schwachstelle der EVG, die in der aktuellen Auseinandersetzung viel stärker auf massive Erhöhungen der Tabellenentgelte (650 Euro und 12 Prozent in den oberen Tarifgruppen) setzt, die langfristig wirken sollen. Die EVG hat mit ihren Warnstreiks Entschlossenheit bewiesen. Die GDL muss nachziehen. So etwas wie einen Sieger wird es in diesem Wettkampf nicht geben. EVG und GDL richten sich gerade in einer unfriedlichen Koexistenz ein. Und die Fahrgäste können sich schon einmal auf einige weitere Eisenbahnerstreiks einstellen.

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